Wer sich für den Nachthimmel interessiert hat bestimmt schon mitbekommen, dass im Juli 2020 (und wahrscheinlich auch noch im August) ein sehr seltenes Objekt sichtbar ist: der Komet NEOWISE. Da der Komet mit der kryptischen Bezeichnung C/2020 F3 nur alle 4-6.000 Jahre der Erde so nahe kommt wie momentan, lohnt sich ein Blick in den Nachthimmel ganz besonders. Schon mit bloßem Auge kann man den hellen Kometenkern erkennen. Je nachdem, wie dunkel es in deiner Umgebung ist, kannst du sogar den Schweif erkennen. Wenn du den Komet NEOWISE fotografieren willst, dann ist dieser Artikel das richtige für dich!
NEOWISE zu fotografieren stellt für jeden Astrofotografen ein Muss dar. Doch du musst kein Experte für Astrofotografie sein oder spezielles Fotoequipment besitzen, um den NEOWISE für die Ewigkeit festzuhalten. Im Folgenden zeige ich dir, dass der Komet auch mit einfacher Ausstattung fotografiert werden kann.
Der richtige Ort
Um NEOWISE zu fotografieren, solltest du freien Blick Richtung Norden haben. Am Besten suchst du dir einen Feldrand, gehst auf eine Erhöhung, Berg oder ähnliches. Der Komet ist am Abendhimmel in Nord-West Richtung zu finden. Mit Fortschreiten der Nacht verschiebt er sich nach Nord-Ost. Daher ist freie Sicht, wenn möglich bis zum Horizont, Richtung Norden Pflicht.
Foto-Ausrüstung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du den Komet NEOWISE fotografieren kannst. Eingebettet in eine schöne Landschaft, bietet sich ein Weitwinkel-Objektiv an (Brennweite z.B. 12 – 35 mm). Dadurch kannst du den Komet als Teil des Nachthimmels und der Sterne darstellen. Willst du NEOWISE etwas größer und dominanter im Bild darstellen, kannst du auf die Normal-Brennweite 50 mm gehen. Der Bildausschnitt wird dann eine schöne Mischung aus Himmel, Komet und Landschaft zeigen. Interessant wird es bei größeren Brennweiten: je näher du an den Kometen herangehst, desto größer erscheint er im Bild. Bei etwa 200 mm wird NEOWISE mit seinem Schweif bildfüllend eingefangen.
Je lichtstärker deine Objektive sind, desto besser. Warum das so ist, liest du im nächsten Abschnitt.
Kameraeinstellungen: Belichtungszeit, Blende und ISO
Da Nachthimmel und Sterne fotografiert werden sollen, muss möglichst viel Licht eingefangen werden. Du kannst aber nicht einfach so lange wie möglich belichten, z.B. mit 30 Sekunden oder länger. Denn dann wirst du Stern-Strichspuren bekommen: da die Erde sich dreht, verwischen die Sterne. Man möchte die Sterne jedoch möglichst punktförmig abbilden. Auch der Kometenkern soll möglichst punktförmig abgebildet werden. Belichtest du zu lang, wird NEOWISE zu breit.
Die maximale Belichtungszeit, die du wählen solltest um noch punktförmige Sterne und Komet zu bekommen, kannst du mit einer Faustformel berechnen:
300 / (Cropfaktor der Kamera * Brennweite) = max. Belichtungszeit
Bei Vollformatkameras brauchst du keinen Cropfaktor dazu rechnen. Das ist nur nötig, wenn du einen APSC– oder MFT-Sensor in deiner Kamera verbaut hast. Beispiel: bei meiner Sony Alpha 6000 ist ein APSC-Sensor verbaut und der Cropfaktor beträgt 1,5.
Folgende Tabelle zeigt ein paar Beispielwerte:
Brennweite | Vollformat | Cropfaktor 1,5 |
12 mm | 25 sek. | 17 sek. |
50 mm | 6 sek. | 4 sek. |
100 mm | 3 sek. | 2 sek. |
200 mm | 1,5 sek. | 1 sek. |
Bei der Belichtungszeit bist du also begrenzt, je nach eingesetzter Brennweite. Bleiben noch zwei weitere Parameter, an denen du drehen kannst: Blende und ISO.
Die Blende solltest du auf den kleinstmöglichen Wert einstellen. Denn dann ist die Blende maximal geöffnet und die Kamera kann maximal viel Licht einsammeln. Lichtstarke Objektive mit Blendenöffnungen wie f1.4, f1.8, f2.0 oder f2.8 spielen nachts ihre Vorteile aus.
Okay, du hast also die Belichtungszeit eingestellt und die Blende geöffnet. Bleibt noch der ISO-Wert. Den schraubst du einfach so hoch wie möglich. Das heißt, natürlich nur so weit, wie du das Rauschen ertragen kannst. Bei den heutigen Kameras geht das aber viel weiter, als man denkt. Beispielsweise kann ich bei meiner Kamera (Sony Alpha 6000) mit ISO 1600 noch gut leben. Aufnahmen mit ISO 3200 dagegen muss ich im Nachhinein bei der Bildbearbeitung anpassen und das Rauschen reduzieren. Wenn du eine Vollformat-Kamera besitzt, solltest du mal ISO 3200 oder gar 6400 ausprobieren.
Weitere Kameraeinstellungen
Weiterhin solltest du den Bildstabilisator ausschalten, sofern dein Objektiv oder deine Kamera einen Stabilisator besitzen. Das sollte man generell bei Langzeitbelichtungen machen. Außerdem kannst du die kamerainterne Rauschreduzierung deaktivieren, da diese meist nicht besonders gut arbeiten und deine Belichtungszeit pro Bild verdoppeln (nach der eigentlichen Aufnahme wird ein Dunkelbild mit der gleichen Belichtungszeit erstellt).
Mit den genannten Einstellungen solltest du den Komet gut und richtig belichten können. Ein Blick auf das Histogramm kann dabei helfen. Der Berg sollte in der Mitte sein. Eine leichte Verschiebung ins Dunkle finde ich nicht schlimm, das kann nachträglich aufgehellt werden. Eine Verschiebung ins Helle würde ich dagegen vermeiden, da dann der Komet NEOWISE überbelichtet wird und die zu hellen Stellen in der Regel nicht mehr zu retten sind.
Ein Tipp noch: fotografiere im RAW-Format. Das gibt dir in der Nachbearbeitung die größtmögliche Freiheit. Beispielsweise kann der Weißabgleich verlustfrei angepasst werden.
Nachbearbeitung
Das Bild ist „im Kasten“ und soll nun noch etwas verfeinert werden. Ich nutze Adobe Lightroom zur Nachbearbeitung. Viele Einstellungen habe ich dabei nicht verändert, da sich der Komet durch seine Helligkeit schon recht gut fotografieren lässt. Ich habe lediglich die Lichter etwas herunter gezogen, bei Schwarz & Weiß etwas herumgespielt um den Kontrast zu erhöhen sowie Klarheit und Struktur etwas aufgedreht. So erscheint der Komet dominanter. Dann noch etwas nachschärfen und das Bildrauschen reduzieren. Das war’s auch schon.
Wenn du viel Landschaft auf dem Foto hast, solltest du Vordergrund und Himmel ggf. getrennt voneinander bearbeiten.
An dieser Stelle möchte ich noch kurz das Thema „Stacking“ ansprechen. Man hört und liest immer wieder von gestackten Fotos. Dabei handelt es sich um eine spezielle Methode, bei der viele Fotos übereinander gelegt werden. Der Vorteil ist, dass das Rauschen reduziert und gleichzeitig mehr Details sichtbar werden. Auch Fotos des Kometen NEOWISE können gestackt werden. Das ist jedoch recht aufwendig, weswegen ich hier nicht weiter darauf eingehe. Dazu wird es einen eigenen Artikel geben. Ein Beispiel für eine gestackte Aufnahme aus 40 Bildern siehst du oben bei meinem 150mm-Foto.
Hast du den Kometen NEOWISE auch fotografiert? Erzähl doch mal von deiner Nacht! Schreib gern deinen Instagram-Namen in die Kommentare, damit ich mir dein Foto anschauen kann!
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